Artikel aus der Rheinischen Post
Von Christopher Trinks
Düsseldorf · Bei einer Begehung erzählten die Architekten, die hinter dem Siegerentwurf stehen, welche Ideen sie für die Entwicklung des 34,5 Hektar großen Areals verfolgen. Bis der Bebauungsplan steht, sollen noch weitere Beteiligungsverfahren folgen.
Bis auf den Feldern nördlich des Theodor-Fliedner-Gymnasiums und der Kalkumer Schloßallee ein neues Mehrgenerationen-Wohngebiet entsteht, werden wohl noch einige Jahre vergehen. Zuvor muss das Konzept erst noch im Detail ausgearbeitet werden, ehe der Stadtrat den Bebauungsplan überhaupt beschließen wird. Grundlage dafür bildet jedoch der Siegerentwurf, den ein Preisgericht aus Vertretern der Stadtverwaltung, externen Experten und Bürgervertretern Ende Januar in einem öffentlichen Planungswettbewerb für das Areal ausgewählt hatten.
Geplant ist demnach eine clusterartige Bebauung des 34,5 Hektar großen Areals, bei dem möglichst viel Freifläche im Düsseldorfer Norden erhalten bleiben soll. Entstanden ist der Entwurf in einem Gemeinschaftsprojekt von Jörg Leeser (BeL Sozietät für Architektur), Carsten Venus (Architekten Venus), Marcel Wiegard (Greenbox Landschaftsarchitekten) und ihren Teams. Bei einem gemeinsamen Besuch des Areals erklärten die Architekten ihre Ideen, die sie bei dem Entwurf verfolgt haben – und gingen dabei auch auf die Kritikpunkte ein, die während des Wettbewerbs von den Anwohnern geäußert worden waren.
Fläche Rund acht Prozent der Fläche soll neu bebaut werden. Das sei laut der Stadt der geringste Versiegelungsanteil aller zur Wahl stehenden Entwürfe und ausschlaggebendes Argument für das Preisgericht gewesen. Allerdings hätten andere Ideen dafür Potenzial für noch mehr Wohnraum geboten. Verteilen wird sich die Wohnbebauung auf drei sogenannte „Anger“, womit clusterartige Quartiershöfe gemeint sind. „Unser Ansatz war es, das Wohnen in die Landschaft einzufügen und existierende Freiräume zu beleben“, sagt Jörg Leeser. Auch aus Nachhaltigkeits- und Klimaanpassungsaspekten, die eine immer größere Rolle bei der Stadtplanung spielen würden. Zwischen den Cluster bleibe daher Freiraum, der zur Verdunstungskühle beitragen und als Versickerungsfläche für Regenwasser dienen soll.
Im Vorfeld des Wettbewerbs wurden Bodenanalysen durchgeführt, die auch eine landwirtschaftliche Nutzung berücksichtigt haben. „Wo sich diesbezüglich der qualitativ schlechteste Boden befindet, sollen die Häuser entstehen“, sagt Marcel Wiegard. Der Grund, warum die Baufelder zum Teil auch in den Ostteil des Areals hineinragen, der ursprünglich nur zu Sport- und Erholungszwecken genutzt werden sollte. Zur Biodiversität beitragen sollen außerdem zentrale Quartiershöfe und -gärten, die von den Bewohnern gemeinschaftlich bepflanzt und bewirtschaftet werden können.
Bebauung Rund 550 kleine und große Wohnungen unterschiedlicher Preiskategorien und Nutzungsansprüche sollen in den drei Angern entstehen, die sich thematisch in der Grüngestaltung mit Äpfel-, Birnen und Kirschbäumen unterscheiden. Kritik gab es an der Höhe der Bebauung, die als Maximum fünfgeschossige Gebäude ausweist. Mit dem Mix an unterschiedlicher Geschossigkeit orientiere man sich allerdings am bestehenden Ortskern von Kaiserswerth. „Und ein zweigeschossiges Wohnhaus zu bauen, ist aus heutiger Sicht Ressourcenverschwendung. Vor allem, wenn es bezahlbar bleiben soll“, sagt Leeser.
Die neue Gesamtschule soll zwischen Fliedner-Gymnasium und dem Lindenhof entstehen und somit einen Schulcampus bilden. Der Ponyhof kann, wie auch die Tennisplätze, entgegen anderer Entwürfe damit bleiben. Das sei einer der Kernpunkte der Anwohner bei der Zwischenpräsentation gewesen. „Da wurde uns bewusst, wie identitätsstiftend diese Bereiche für die Anwohner sind, was wir respektieren wollten“, sagt Carsten Venus.
Verkehr Noch auszuarbeiten ist das genaue Verkehrskonzept, für das jedoch die Stadtplaner zuständig seien. „Der Pkw- und Lieferverkehr wird über eine Quartiersstraße im Osten erfolgen; der Pfaffenmühlenweg ist nur für einen absolut reduzierten Anliegerverkehr gedacht“, sagt Leeser. Quartiersgaragen und drei Mobility-Hubs sollen die Anger möglichst verkehrsfrei halten. Kleine Fuß- und Radwege sowie Trampelpfade sollen diese miteinander vernetzen. Für viele Anwohner noch fraglich ist jedoch, wie die anfällige und ohnehin ziemlich ausgelastete Stadtbahnlinie U79 den zusätzlichen Personenverkehr mit Schülern und Bewohnern stemmen soll.
Weiteres Verfahren Lob gab es von den Architekten für das ungewöhnliche Verfahren, bei dem sie ihre Entwürfe schon vor dem Preisgericht mehrmals der Öffentlichkeit zeigen mussten, dabei aber viele gute Anregungen der Anwohner erhalten hätten. „Dass die Öffentlichkeit vor dem Preisgericht den Entwurf zu sehen bekommt, habe ich so in 25 Jahren meiner Tätigkeit auch noch nicht erlebt“, sagt Leeser. Damit ist der Dialog aber noch nicht vorbei, weitere Öffentlichkeitsbeteiligungen werden folgen. Vorrangig ging es bei dem Wettbewerb darum, das städtebauliche Konzept festzulegen. „Dieser Entwurf ist der Masterplan, auf dessen Basis die Entwicklung jetzt richtig losgeht“, ergänzt Venus.